„Führen und sich führen lassen“ will gelernt sein. In dieser Blogbeitrag-Serie berichte ich über 5 Prinzipien, die auch im Aikido eine Rolle spielen, und die sich wunderbar auch auf unser alltägliches Leben übertragen lassen.

Die ersten drei Artikel handeln von den Themen „Gewaltfreiheit“ als das erste Aikido-Prinzip,  „Effektiver Wirkungsbereich“ als dem zweiten Aikido Prinzip und Kreis- bzw. spiralförmige Bewegungen, die uns in jeder Situation Freiheit und Spontaneität ermöglichen als dem dritten Aikido-Prinzip.

Um das Zusammenspiel dieser Prinzipien und den zugrundeliegenden Mustern geht es in diesem vierten und vorletzten Teil mit dem großen Thema Verbundenheit und Verbunden sein.

  1. Prinzip: Verbunden sein

Alles ist mit Allem verbunden – wir hören das immer wieder. Aber können wir es auch fühlen?
Und was genau verbirgt sich dahinter?

Verbunden sein ist leicht gesagt, aber eben nicht leicht gefühlt. Eher ist es eine Entscheidung, die wir treffen können oder auch nicht, je nachdem, was wir glauben und denken, über uns, die anderen und die die Welt.

Und ist verbunden sein dasselbe, wie Verbundenheit zu spüren? Auch dieser Frage gehen wir in diesem Beitrag nach.

Wir Menschen glauben oft, getrennt von allem zu sein. Dann fühlen wir uns einsam, verlassen, vielleicht sogar verzweifelt. Wir fühlen uns nicht verbunden.

Manchmal werden wir ja wirklich von jemandem verlassen, dem wir uns sehr verbunden gefühlt haben. Ein andermal fühlen wir uns fast genauso, dabei sind wir scheinbar einfach nur mit dem falschen Fuß aufgestanden.

Es gibt sogar Momente, in denen wir uns selbst von unserem Körper abschneiden, dem logischen Verstand die ganze Aufmerksamkeit und das Kommando geben. Wir spüren unser Herz nicht mehr, oder nicht einmal mehr unsere Füße. Dann heißt es ganz bewusst zu atmen, dem Atem folgen, das Herz zu achten und sich wieder mit Mutter Erde zu verbinden.

Vom Kopf ins Herz

Speziell für mich als Physikerin war Aikido ein großer Lebenslehrer, der mir den Weg vom Kopf in den Körper gezeigt hat. Ich war fasziniert davon, wieviel ich im Körper lernen konnte, wozu mein Kopf alleine nicht imstade war.
Die harmonische Zusammenarbeit von Kopf und Körper hinterlässt nach jedem Training ein Glücksgefühl.

Heute weiß ich: Verbunden sein, ist eine Entscheidung. Es ist die Entscheidung, die Existenz einer höheren Macht anzuerkennen, die es gut mit mir meint. Sie kommuniziert mit mir auf ihre ganz eigene Art und Weise und es liegt an mir, diese Sprache zu erlernen und deren Botschaft zu hören und umzusetzen. Sie führt mich in mein Herz, denn dort ist die bewusste Verbindung zu mir selbst. Verbunden sein bedeutet, mit mir selbst und meinem Herzen verbunden zu sein und darüber mit dem Herzen aller.

Und tatsächlich gibt es im Aikido eine Technik, in der der Führende den Angreifer unter seine Kontrolle bringt, indem er dessen Kopf quasi an sein Herz führt. Was für ein symbolische und höchst wirksame Geste.

Dahinter liegt die Gewissheit, dass wir alle aus derselben Quelle stammen und uns auf einem gemeinsamen Weg befinden durch die Wirren der irdischen Vielfalt mit all ihren Herausforderungen. Wir sind hier, um voneinander zu lernen. Und nicht nur durch Aikido.

Verbundenheit ist nicht verbunden sein

Verbundenheit zu anderen Menschen ist nicht unbedingt dasselbe, wie verbunden zu sein. Wir können Verbundenheit mit Anderen spüren, wenn wir gleich schwingen, Gleiches mögen, gleiche Ziele verfolgen, etc.. Tun wir das nicht und lehnen Andere eher ab, so sind wir gerade deshalb mit ihnen verbunden, auch wenn wir das so nicht fühlen. Dennoch dürfen wir uns abgrenzen, unsere eigenen Entscheidungen treffen, auch dann, wenn es bei Menschen, denen wir uns eigentlich verbunden fühlen, auf Unverständnis stößt. Verbunden sein ist also wahrlich ein höchst vielschichtiges Thema.

Verbunden sein ist Rückverbindung

Was ich zu diesem Thema vor allem vermitteln möchte, ist dies: Verbunden sein ist die Rückverbindung zu unserer Ursprungsquelle, der bedingungslosen Liebe. Und der Weg dorthin geht nur über die Erfahrung in der Verbindung zu anderen Menschen. Mal fühlen wir uns dabei gut, ein anderes mal nicht. Entscheidend dabei ist, was wir durch diese Erfahrungen erkennen und was wir daraus machen.

Wie alles miteinander und insbesondere auch mit seinem Gegenteil verbunden ist, habe ich bereits in einem früheren Blog-Artikel dargelegt. Im Blogbeitrag „Der Gegensatz macht, dass ein jeder seine Einzigartigkeit behält“ kannst Du das nachlesen. Dort beschreibe ich unter anderem, dass jede Seite automatisch auch mit ihrer Rückseite verbunden ist.

Alles ist Energie: Verbunden, durchdrungen, verwoben.

Im echten Leben gibt es deshalb nie nur das eine oder nur das andere. Alles ist Energie und Information und wechselwirkt mit seiner Umgebung. Auf diese Wiese ist alles mit allem verbunden, manchmal durchdrungen oder verwoben.

Wieviele Themen damit verknüpft sind, sehen wir z.B. in nebenstehender Abbildung, die andeuten will, dass auch unser Körper nicht einfach nur Körper ist, sondern ein energetisches Feld mit Energietoren zum Austausch mit der Umgebung, den sogenannten Chakren.

Im Körper mit seinen Chakren sind energetisch nicht nur unsere besten Absichten, unser Wille und unsere Möglichkeiten eingeschrieben, sondern auch alle Verstrickungen, Vernebelungen und persönlichen wie transpersonalen Erfahrungen und Verletzungen. Wir sind also ein Informationsfeld mit großer Wirkung. Ein weites Feld, wie Du Dir leicht vorstellen kannst.

Deshalb können wir immer nur bestimmte Aspekte erfassen, nie das Ganze auf einmal. Und wir können Absichten verfolgen und die momentanen Absichten anderer Menschen in Erfahrung bringen.

Energetische Muster können wir verändern

Mit der Zeit lernen wir, immer mehr Aspekte zu erfassen. Wir erkennen Muster. Und diese können wir verändern, gestalten, ersetzen. Und dann verändert sich auch unser Aikido.

In diesem Beitrag gehen wir der Frage nach: Was kann uns Aikido dabei lehren?
Nun, mit Aikido verfolgen wir unter anderem das Ziel, durch stetes Üben neue Muster in unseren Körper zu schreiben.

Auf einem Aikido-Lehrgang mit Donovan Waite habe ich einmal folgende Worte mitgeschrieben:

„Ihr müsst die Basics üben, so, dass sie in Euren Körper übergehen. Der Körper muss die Basics verinnerlichen, damit er direkt und spontan arbeiten kann.

Die Eingangstechniken dienen nur dazu, die richtige Position zu finden.

Die Eingangstechniken dienen nur dazu, die richtige Position zu finden. Erst, wenn Ihr die richtige Position habt, könnt Ihr die Basics anwenden.“

Wow. Wie klar. Wir brauchen also zunächst etwas Know How und die richtige Positionierung. Erst dann können wir die eigentliche Technik anwenden. Und wie?

Donovan Waite sagt dazu:
„Aikido-Techniken sind zusammengesetzt aus Teilstücken. Es gibt keine spezielle Abfolge aus Techniken. Alles ist mit allem verbunden. Das ist der Grund, weshalb ihr nicht einfach Technik lernen sollt.

Lerne die Basics in Euren Körper zu schreiben, damit sie Euch als Werkzeug dienen und ihr sie jederzeit lebendig machen könnt. Nur so können sie spontan zur Anwendung kommen.“

Bewegt Eure Körper als Ganzes.

„Ihr bewegt Euren Körper als Ganzes. Wenn der Arm bewegt wird, wird auch der Fuß und der ganze Körper bewegt. Bewege Deine Hüften. Die Bewegung kommt aus Eurer Mitte, und so bewegt Ihr Euch durch den Raum. Nutzt die Sabakis (Anmerkung: Sabakis sind die Schrittfolge, um sich kreisförmig durch den Raum zu bewegen), um Euch in die richtige Position zu bringen.“

Sind diese Worte nicht genial und wunderbar übertragbar auf unser ganzes Leben?
Die Basics sind eine Art Körpermuster. Ähnlich wie somatische Marker werden sie als ganz bestimmte Reaktionsmuster in den Körper geschrieben. Und in den Geist, denn alles ist mit allem verbunden.

Und immer wieder taucht die Aufforderung auf: Findet Eure Position, nutzt die kreisförmigen Bewegungen dafür.

Positionierung ist ein ständiger Prozess

Positionierung muss ständig erfolgen. Jede Begegnung, jede Lernerfahrung bringt uns in eine andere Position, in ein anderes Bewusstsein.

Im Aikido wie im Leben passiert das im Grunde ständig, wenn wir wach und aufmerksam sind. Wir trainieren ja mit vielen unterschiedlichen Partnern, die alle unterschiedlich groß, unterschiedlich stark, unterschiedlich dynamisch oder leidenschaftlich sind.

Spätestens jetzt wird klar, dass es im Aikido längst nicht nur um den Körper geht.

Im Aikido geht es darum, sich aktiv und auf die richtige Art und Weise mit dem Übungspartner zu verbinden. Zunächst, indem wir ihm unsere Aufmerksamkeit schenken.

Durch die richtige Positionierung hast Du Dir Deinen Platz im Raum, in Bezug zum Übungspartner und Deine eigene innere und äußere Haltung bewusst gemacht. Der erste Schritt ist also die bewusste Verankerung in Dir selbst.

Aus „Ich“ und „Du“ wird ein „Wir“

Der zweite Schritt ist das Sich verbinden mit dem Partner. Aus „Ich“ und „Du“ wird ein „Wir“ mit einem gemeinsamen Zentrum. Wer führen will, muss sich mit dem Geführten verbunden fühlen, eine gemeinsame Sache daraus machen. Er muss in sich und in die neue Situation vertrauen.

Und was im Ganzen wie im Detail daraus entstehen kann, hängt sehr von der Art des Angriffs ab, der eingebrachten Energie, dem Ideenreichtum der Übungspartner, ihrer inneren Haltung, der jeweiligen persönlichen Reife und praktischen Aikido-Erfahrung.

Führen heißt vertrauen

Aber nicht nur der Führende, auch der Geführte (der im Aikido ja zunächst als Angreifer kommt), muss dabei lernen, zu vertrauen. Zunächst in seine Absicht, dass sie für ihn die richtige ist. Aus einem halblebigen Angriff ohne Energie kann keine befriedigende Technik erfolgen. Im Aikido lenken wir die eingebrachte Energie aus unserer eigenen Mitte heraus. Der Führende muss in der Lage sein, dieser Energie entweder auszuweichen oder sie so aufzunehmen und umzulenken, dass etwas Neues entsteht, was die ursprüngliche Absicht des Angreifers neutralisiert. Erfahrene Aikidokas führen mit Vetrauen in ihre Intuition.

Irgendwann wird der Angreifer seine Absicht fallen lassen und kann gar nicht anders, als der Führung des Verteidigers zu folgen. Körperliches Fallen ist dann die Erlösung aus einer für den Angreifer unhaltbar gewordenen Situation.

Manchmal aber, wenn, der Angreifer wach bleibt, aufmerksam ist, kann er doch ganz plötzlich selbst wieder in Führung kommen, sobald er eine vermeintliche Schwäche in der Führungsform des Angegriffenen erkennt. Nachgeben ist also keineswegs ein sich Aufgeben, sondern eine kluge Strategie um heftige Schmerzen zu vermeiden. Und um Neues zu lernen. Jeder Moment mit fehlender Klarheit oder mangelnder Wachheit hat Folgen. So lernen Angreifer und Verteidiger ständig voneinander.

Vertrauen und sich anvertrauen

Immer geht es dabei ums Verbunden sein, um Vertrauen und sich anvertrauen. Und es geht ums Offensein für neue Positionen, neue Standpunkte, andere Perspektiven.

Widerstand bringt Stillstand oder Gewalt. Nachgeben bzw. ein Umlenken der eingebrachten Energie bedeutet Bewegung.  Zuwendung und Achtsamkeit zeigen mir die Gelegenheiten, mich einzubringen oder im rechten Moment loszulassen.

Führen heißt, sich verbinden. Sich führen zu lassen, bedeutet ebenfalls, sich zu verbinden. Beides braucht Vertrauen. In sich selbst, wie in den Partner.

So lehrt Aikido unter anderem das:

Verbunden sein heißt, zu vertrauen.

Und Vertrauen ist eine Wahl.

 

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War dieser Artikel interessant für Dich?

Dann interssieren Dich vielleicht auch die weiteren Beiträge zu den Aikido-Prinzipen für unser Leben.
Alle Beiträge stehen unter dem Motto:
„Führen und sich führen lassen – worauf es im Leben wirklich ankommt“.

Die Teile 1-5 behandeln folgende 5 Prinzipien:

1. Prinzip: Gewaltlosigkeit
2. Prinzip: Effektiver Wirkungsbereich
3. Prinzip: Kreis- bzw. spiralförmige Bewegungen
4. Prinzip: Verbunden sein
5. Prinzip: Ki – Die Universelle Lebensenergie

Dr. Astrid Schellenberger

Physikerin, Künstlerin, intuitive Mentorin

Als intuitive Mentorin sorge ich dafür, dass Du den Sinn hinter extremen Herausforderungen in Deinem Leben erkennen und Lösungswege finden kannst.  
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Und genau darin will ich Dich unterstützen.

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